Donnerstag, 11. September 2014

Mein Ted

Habe ich ausversehen mein Herz mitgelöscht? Falls das geht. Herzlöschen, meine ich.
Am Haken hängen. Ich habe da einmal diesen Artikel gelesen, in der Neon. Er beschrieb eine Art von Beziehung, die eine bekannte, amerikanische Comedy-Serie aufgegriffen hat: genauso wie ein Fisch am Haken hängen und von ihm einfach nicht mehr loskommen. Nur, dass der Haken eben ein geliebter Mensch ist. Als ich den Artikel las, wusste ich nicht – oder war ich mir viel mehr nicht bewusst – dass ich selbst ebenso wie der kleine Goldfisch aufgespießt worden war. Witzig, dass ich meinem Fänger den Artikel noch gezeigt habe. Noch witziger, dass wir beide darüber gelacht haben. Ob wir auch beide wussten, was das eigentlich bedeutete?
Es ist nun über ein Jahr her, dass ich S. aus meinem Leben gelöscht habe. Erst habe ich seine Telefonnummer von meinem Festnetztelefon gelöscht. Dann mich bei Facebook entfreundet. Ihn als Freund entfernt. Das Häkchen weggemacht. Für seine letzte Nachricht auf dem Anrufbeantworter habe ich länger gebraucht. „Ruf mich doch bitte an. Wir müssen reden. Ich habe das alles doch auch für dich gemacht.“ Piep. „Sie haben keine Nachrichten.“ Seine SMS habe ich immer noch. Und seine E-Mails. Auch die allerletzte. Vielleicht lösche ich sie, wenn ich hier fertig bin.
Es ist jetzt über ein Jahr her, dass ich endlich begriffen habe, dass ich niemals für ihn das sein kann, was er für mich immer war. Dass ich nie die Richtige war – aber er irgendwie der Richtige für mich. Dabei hatte er mir schon  mehrmals das Herz gebrochen. Falls das geht. Herzbrechen, meine ich. Aber ich glaubte immer fest daran, dass er mich irgendwann ansehen und lächeln würde. „ Du und ich. Das passt. Perfekt.“ Das hat er nie gesagt. Und wohl auch nie gedacht.
Ich weiß bis heute nicht, ob er wirklich nicht wusste, dass ich bei ihm am Haken hing. Oder ob er es nur nicht sehen wollte. Oder ob er es vielleicht ganz bewusst so gehalten hat. Das möchte ich aber nicht glauben. Ich habe es ihm ja nie gesagt. Dass ich am Haken hing, meine ich. Ich habe es selber nicht gewusst. Oder nicht wahrhaben wollen. Wie auch immer. Aber S. ist immer noch ein guter Mensch. Egal wie sehr er mich verletzt hat – und das hat er – ob bewusst oder unbewusst – er ist ein lieber Kerl. Einer von denen, denen man eben nicht böse sein kann. Niemals. Eben ganz wie Ted aus der erwähnten Serie. Trottelig und lieb. Romantisch. Und ein bisschen naiv. Wenn er lächelt, schmilzt das Herz. Oder es bricht. Falls Herzbrechen denn geht.
Ich war nur zwei Mal in meinem bisherigen Leben verliebt. Das eine Mal war es die erste Liebe, schön, aber unwirklich. Surreal eben. Das zweite Mal tat es weh. Und es hat nie aufgehört. Und ich habe inzwischen wirklich Angst. Könnte das wirklich alles gewesen sein? Eine gescheiterte und eine unerwiderte Liebe? Ich will nicht melodramatisch sein. Oder mitleidsheischend. Oder gar naiv. Aber ich habe einfach niemanden getroffen, der mich je wieder so berühren konnte und so glaube ich, dass ich nicht nur S. gelöscht habe. Habe ich ausversehen mein Herz mitgelöscht? Falls das geht. Herzlöschen, meine ich.
Ich habe fast drei Jahre auf ihn gewartet. Drei Jahre, in denen ich niemand anderen die Chance geben wollte oder geben konnte, mir zu zeigen, dass es auch eine andere Art von Liebe gibt. Eine, die erwidert wird. Ich habe sie einfach nicht gesehen. Ich habe immer nur S. gesehen.
Zwischendurch habe ich mir versucht einzureden, dass wir nur Freunde sind. Gute Freunde. Beste Freunde. Und, dass mir das reicht. Solange, bis er dann mich endlich so ansehen würde. Mich. Genauso. Bis S. dann jemand anderes so angesehen hat. Genauso. Wie er mich hätte ansehen sollen.
Dann habe ich die Reißleine gezogen. Bin von Haken gesprungen. Habe ihn mir mühsam aus dem Herzen gezogen. Ich wusste, dass ich das nicht würde ertragen können. Dass es die einzige Chance war zu gehen. Das war vor über einem Jahr. Und trotzdem sitze ich hier und schreibe diesen Text. Ich habe kein Wort mehr mit S. gesprochen. Inzwischen ist er verlobt. Und ich freue mich sogar ehrlich für ihn. Ich freue mich nur nicht für mich. Ich bin nämlich die, die am Haken hing. Die, die alle belächelt haben. Die, die seine SMS und E-Mails immer noch nicht löschen kann. Und die, die kitschiges Zeug schreibt. Die mit dem gelöschten Herzen. Falls Herzlöschen denn geht.

 
- neon.de

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