Donnerstag, 11. September 2014

Werbepause. Das Leben ohne dich.

Nur eine kurze Unterbrechung.
Das Leben ohne dich fühlt sich an wie eine Werbepause im Fernsehen. Der Film wurde unterbrochen, aber das Leben auf dem Bildschrim läuft einfach weiter. Alles um mich herum wirkt so unecht. Du bist weg. Und ich muss mir die ganze Zeit diese unerträglich heile Welt ansehen, in der die Leute so verdammt glücklich sind, weil sie endlich das richtige Spülmittel für ihr eingetrocknetes Leben gefunden haben, die perfekte Zahnpasta für ihr unechtes Lachen oder den richtigen Wasserenthärter für ihre Reihenhaus-Waschmaschine.Und genauso dämlich sind auch ihre Kommentare, wenn ich ihnen erkläre, dass sich das Leben ohne dich anfühlt, als ob der eigene Film einfach angehalten hätte.
"Das wird schon wieder - probier doch lieber mal die neue Zahnpasta!"
"Wer weiß, wozu es gut ist - nimm doch einfach das neue Spülmittel!"
"Der war doch nichts für dich - der neue Wasserenthärter passt besser zu dir!"
Vielleicht sollte ich mir einfach mit dem Wasserenthärter die Zähne putzen. Denke das würde ihre Li-La-Werbewelt aus dem Gleichgewicht bringen. Was wissen die schon. Aber letzten Endes würde es nichts ändern. Nichts ändern an dem Gefühl, dass gerade meine Geschichte nicht weitergeht. Sie ist unterbrochen, weil du als Hauptfigur nicht mehr auftauchst. Dabei will ich doch unbedingt wissen, was noch passieren wird: Lass uns einfach die Handlung fortsetzen, die Welt retten, gegen das Böse kämpfen, in den Sonnenuntergang reiten, nach Mordor reisen und kopfüber vor laufender Kamera küssen!Aber ich weiß: die Pause endet nicht. Und das Schlimme: ich gewöhne mich langsam daran. An die unechten Gesichter, die heile Magarine-Welt mit den ungesättigten Fettsäuren und an diese dämlichen Zwillinge aus der Apotheke. Plötzlich finde ich die immer gut gelaunte Familie sympathisch, die sich darüber freut, dass Mutti ganz fix eine Glutamat-Suppe angerührt hat. Und die Frau, die ihr Leben genießt, weil sie dank der neuen Binde nicht mehr zwischen den Beinen riecht. Und ich wundere mich auch nicht mehr über den Bären, der fröhlich pfeifft, weil er sein eigenes Klopapier mit in den Wald nimmt. Verdammt. Dieser scheiß Bär pfeifft echt sein eigenes Lied.
Und plötzlich habe ich die Hoffnung, dass mich vielleicht das kuschelweiche Bären-Klopapier glücklich machen könnte und ich dich nicht mehr brauche. Oder dass mir die neue Binde vielleicht Flügel verleiht. Bis zur Unendlichkeit und noch viel weiter. Hauptsache weit weg von dir.
So werde ich langsam Teil dieser unwirklichen Welt und vergesse, dass ich eigentlich auf etwas ganz anderes warte.Aber dann tauchst du auf.Wie ein kleiner Teaser am Bildschirmrand.Oder wie jemand, der in der Werbepause nur mal kurz aufs Klo gegangen ist. Und ich will am liebsten rufen: "Ah, da bist du ja. Wurde aber auch Zeit, der Film geht gleich weiter. Komm, setz dich wieder zu mir!"
Und ich habe Angst, dass du keine Zeit hast. Weil du dir gerade einen anderen Film ansiehst.
Doch du lächelst nur und sagst, dass du so verdammt glücklich bist, weil du endlich die richtige Zahnpasta für dein neues Leben gefunden hast.


-neon.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen